Alleine Reisen – trau dich!

Von Anna Schwartz

Sie wollten schon immer mal alleine auf eine Reise gehen, ohne Familie, Freunde oder Reisegruppe? Der Artikel sagt Ihnen, wie Sie dabei Risiken vermeiden.

Alleine Reisen hat viele Vorteile: Man kann selbst entscheiden, wohin man geht, wie man den Tag verbringt, wie lange man an einem Ort bleibt. Alleine lernt man wesentlich schneller Menschen kennen. Durch die Selbstständigkeit entdeckt man unerwartete Stärken an sich, wie zum Beispiel Organisationstalent, Orientierungssinn oder Durchsetzungsvermögen.

„Aber alleine als Frau, in der weiten Welt, ist das nicht viel zu gefährlich?“, fragen sich viele. FRAU weiß hat fünf Tipps zusammengetragen, die Sie auf eine angstfreie Solo-Reise vorbereiten. Denn mögliche Gefahren sollten kein Grund sein, sich eine einzigartige Erfahrung entgehen zu lassen!

„Die Welt ist nur so gefährlich, wie man sie sich vorstellt“, weiß Capybara, eine Globetrotterin, die im „Lonely Planet Thorn Tree Reiseforum“ im Internet regelmäßig über ihre Erfahrungen schreibt. Sie und mehrere andere reiselustige Frauen haben auf unsere E-Mail-Anfrage hin ihre besten Tipps verraten. Vielen Dank dafür!

1. Reiseführer reichen nicht

An einen Reiseführer denken die meisten. Und auch daran, ein paar Höflichkeitsfloskeln der lokalen Sprache auswendig zu lernen. Doch das ist nur das mindeste an notwendigen Informationen. Denn um gefahrlos zu reisen, kann man sich gar nicht genug vorbereiten: „Lesen! Lesen! Lesen!“ empfiehlt Sprite aus dem Lonely Planet-Forum. „Finden sie heraus, was die lokalen Taschendiebtricks sind, wo man hingeht, wenn man Hilfe braucht, welche Nummern man wählen sollte und wie man in der lokalen Sprache schreit!“ Der altbewährte Trick, „Feuer“ statt „Hilfe“ zu schreien (weil dann eher jemand kommt!) ist in anderen Ländern nur sinnvoll, wenn man es auch in die jeweilige Sprache übersetzt.

In Reiseführern wird zwar oft vor Gegenden oder Situationen gewarnt, in denen man sich nicht aufhalten sollte. Doch es gibt eine präzisere Möglichkeit, sich vorzubereiten: „Fragen Sie einheimische Frauen, wie sie sicher leben“, rät Tish aus dem Lonely Planet-Forum. „Diesen Tipp habe ich aus keinem Buch. Das habe ich in Südamerika gelernt. Die einheimischen Frauen leben an den Orten, in die wir reisen.“

2. Der Tourist, das geborene Opfer

„Ich glaube es ist meistens nur der Touristenstatus, der Reisende anfälliger für Kriminalität macht.“ Das schreibt Weebabe66, auch eine Nutzerin des Lonely Planet Forums. In einem fremden Land kennt man sich nicht aus, achtet mehr auf neue Eindrücke oder seinen Stadtplan als auf seine Geldbörse.

Womöglich schleppt man alle Wertsachen mit sich, weil es in der Unterkunft kein Schließfach gibt. Gibt man sich als Tourist zu erkennen, birgt das ein gewisses Risiko. Capybara berichtet, wie sie sich dagegen wappnet: „Ich plane vorher, wo ich hingehe. Ich präge mir den Stadtplan ein, so dass ich nicht verloren und verwirrt aussehe, wenn ich umher gehe. Wenn ich doch mal in meinen Reiseführer oder auf meinen Plan gucken muss, versuche ich es sehr diskret zu machen, oder ich lege sogar eine Kaffeepause in einem Lokal ein. Die meisten Menschen, mit denen ich geredet habe und die Probleme mit Raub oder Belästigungen hatten, waren die ganz naiven.“

Ist es wirklich gefährlich, als Frau, allein zu reisen?

Die Weltenbummlerinnen vom Lonely Planet Thorn Tree Forum sind sich einig, dass frau vor dem Alleinereisen keine Angst haben braucht. Stimmen aus einer Umfrage:

little_nurse fängt gleich an: „Ehrlich gesagt fühle ich mich, wenn ich reise, genauso sicher wie zuhause. Ich denke, sobald man etwas Menschenverstand hat und nicht nachts alleine in den unheimlichen Gegenden rumhängt, ist es im allgemeinen sicher.“
MsUnderstood behauptet sogar: „Statistisch gesehen ist der gefährlichste Ort zuhause!“ Cheshirekat bestätigt: „Die schlimmsten Erlebnisse, die ich hatte, sind alle in meinem Heimatland passiert, Großbritannien! Sogar als ich in männlich dominierte Kulturen gereist bin, zum Beispiel den Mittleren Osten, hatte ich keine Probleme; nur ein paar Namen wurden mir in der Türkei und Griechenland nachgerufen. In Großbritannien wurde ich am helllichten Tage zusammengeschlagen, vor den Augen von Passanten, ein anderes Mal vor einer Disco.“
„Es ist wesentlich gefährlicher zuhause als unterwegs. Ich wurde ausgeraubt, belästigt und zusammengeschlagen, nur an dem Ort, wo ich lebe“, stimmt auch Dagi zu und weist gleichzeitig auf etwas anderes hin: „Als ich durch einige Staaten der ehemaligen Sowjet-Union gereist bin, hatte ich den Eindruck, dass Frauen von der Polizei dort viel weniger drangsaliert wurden und dass weiblicher Charme bei vielen Beamten einiges erreichen konnte. Es war auch einfacher für mich, Unterkünfte zu finden, weil die Menschen nicht wollten, dass ich nachts allein auf der Straße umherirre. Und geh erst in den Mittleren Osten! Ich bekam mehr Einladungen als die männlichen Reisenden, mehr Kontakt mit den Einheimischen und die Menschen haben wirklich gut auf mich aufgepasst. Ich traf ein paar männliche Reisende, die sehr eifersüchtig waren.“
Rikita hatte ähnliche Erfahrungen: „Als alleinreisende Frau bieten dir viele Leute Sitze in Bussen, Hilfe oder Erklärungen usw. an. Sie denken, dass du als Frau irgendwie mehr Hilfe brauchst. Ich habe auch den Eindruck, dass die Menschen mir schneller vertrauen, als zum Beispiel einem 1,90 m großem Kerl.“
Addieor geht noch weiter: „Es gibt meiner Meinung nach sogar Orte, die für Frauen sicherer sind, als für Männer, obwohl darüber nur selten geredet wird.“ Und sie findet gleich Zustimmung von Sprite, die von ihrer Türkei-Reise erzählt: „Es gibt Diskos, in denen man eine überhöhte Rechnung vorgesetzt bekommt für die Getränke, die man den ganzen Abend getrunken hat. Weigert man sich diese übertriebene Rechnung zu bezahlen, wird man als Mann zusammengeschlagen, als Frau „nur“ beschimpft.“
Princess of Pinguin berichtet:„ In Südostasien werden Männer von einem hübschen Mädchen gelockt, mit ihnen etwas zu trinken und wachen später irgendwo in einer Gasse ohne ihr Portmonee auf.“ Als Frau kann dir so etwas nicht so leicht passieren!

3. No risk, more fun!

Sie reisen alleine. Vielleicht wollen Sie ihre Ruhe. Vielleicht sind Sie aber auch in Abenteuerstimmung. Doch Vorsicht vor „unkalkulierbaren Abenteuern“, warnt Vanessa Wahlen in ihrem Buch „Das Reisen ist der Frauen Lust“ (Lesetipps siehe Box!). „Übertreiben Sie es nicht mit der Spontaneität, indem Sie sich auf unberechenbare Situationen kurzfristig einlassen. Sie sollten die Situation immer beherrschen und kontrollieren können. Bevorzugen Sie deshalb kalkulierbare Abwechslung.“

Alleinreisend wird man öfter angesprochen als zu zweit oder in einer Gruppe, besonders von Männern. Angenommen einer lädt Sie zu einem Ausflug oder zu sich nach Hause ein. Überlegen Sie gut: Auf der einen Seite finden Sie ihn sympathisch, haben Lust auf neue Bekanntschaften und außerdem heute noch nichts vor. Auf der anderen Seite würden Sie niemals mit einem fremden Mann, den Sie gerade erst kennen gelernten haben mitgehen, wären sie zuhause.

Sie kennen die Absichten des Fremden nicht, wissen nicht, worauf Sie sich einlassen. „Wollen Sie sich wirklich mit Ihrem neuen Bekannten verabreden, so wählen Sie dazu einen neutralen Ort, den Sie bestimmen!“ rät Birgit Adam in ihrem Buch „Als Frau allein unterwegs“. „Gefahren können Sie mindern, indem Sie kritische Situationen und Orte meiden und so gar nicht erst in die gefährliche Situation geraten.“

4. Ganz oder gar nicht

Sollte es doch einmal dazu kommen, dass Sie sich in einer Notsituation befinden, müssen sie darauf vorbereitet sein. Birgit Adam empfiehlt ein im Handel erhältliches, kleines, kompaktes Alarmgerät. Bei Aktivierung ertönt eine sehr laute Sirene und es lässt sich, im Gegensatz zu einer Trillerpfeife, nicht so leicht abstellen. Eine Stecknadel mit breitem Kopf ist eine „unscheinbare Waffe“. Dazu gibt Adam folgende Anleitung: „Im Ernstfall muss sie mit aller Kraft tief in die Augen, in die Hoden oder in die „weiche Stelle“ hinter den Ohren gestochen werden.“

Es ist schwer, in einer prekären Situation zu beurteilen, ob Gegenwehr sinnvoll ist oder nicht. Entscheidet man sich dafür, sollte man Adams Rat beachten: „Eine Gegenwehr darf nicht halbherzig erfolgen. Sie fängt bereits im Kopf an. Man muss bereit sein, seinem Gegenüber körperlichen Schaden zuzufügen.“ Sonst könne es passieren, „dass ein gelungener Ansatz von Gegenwehr nach kurzer Zeit wieder verpufft, weil man nicht bereit ist, gewisse Grenzen zu überschreiten.“

5. Where do you come from?

Die immer wiederkehrende Frage – so oft gestellt, „bis man sie schon gar nicht mehr hören kann“, wie Birgit Adam schreibt. Meistens wird die Frage von Männern gestellt, und es können verschiedene Absichten dahinter stecken. Sie kann als Anmache benutzt werden oder von Händlern, um herauszufinden wie viel Geld bei Ihnen zu holen ist; von Verbrechern, um Vertrauen aufzubauen. Sie kann aber auch nur schlichtes, höfliches Interesse bedeuten. Trotzdem empfiehlt die Buchautorin: „Bleiben Sie distanziert und geben Sie nicht gleich zu viel von sich preis – besonders nicht, dass sie alleine unterwegs sind.“

Deutsche gelten als zahlungsfähig. Außerdem haben die Fragenden oft „einen Bruder“, der just in Ihrer Heimatstadt lebt. Sie können die wichtigsten deutschen Phrasen mit einem sympathischen Akzent runterrasseln, denn sie wollen ja mit Ihnen ins Gespräch kommen.

„Die ehrliche Antwort ‚Germany’ signalisiert dem Fragenden, dass hier unter Umständen etwas zu holen ist“, so Birgit Adam. Sie könnten sich also überlegen, stattdessen lieber „Lithuania“ oder „Macedonia“ zu antworten.

Zum Weiterlesen:

Internet:
http://www.journeywoman.com
http://www.thornthree.lonelyplanet.com
Bücher:
Matthias Faermann: Schutz vor Gewalt und Kriminalität unterwegs, Reise Know-How Verlag, Bielefeld, 2004 (8,90€)
Birgit Adam: Als Frau allein unterwegs, Reise Know-How Verlag, Bielefeld, 2002 (8,90€)
Vanessa Wahlen: Das Reisen ist der Frauen Lust, Umschau Braus GmbH Verlagsgesellschaft, Frankfurt/Main, 2001 (im Moment vergriffen)

Positive Erfahrungen mit der Frage hat Sabine Langer aus Tübingen gemacht: „Ich bin mit dem Fahrrad alleine durch Dänemark gefahren. Immer wieder haben mich Einheimische und andere Touristen gefragt, woher ich komme und wohin ich als nächstes fahre. Ich habe dann schon überlegt: ‚Sag ich es ihnen? Vielleicht folgen sie mir oder fangen mich dort ab.’ Es war aber nur Freundlichkeit und Neugier. In den Dörfern, durch die ich fuhr, war sonst nicht viel los. Da war es fast eine Attraktion, jemand Fremden im Dorf anzutreffen.“

Zum guten Schluss

„Es ist gut, sich Gedanken über Sicherheit zu machen, trotzdem können wir nicht unser Leben leben mit dem Gedanken, dass uns jeder Fremde ausrauben oder vergewaltigen will!“, warnt MsUnderstood, eine weitere Lonely Planet-Forum-Userin. Die Botschaft, die bei jedem Reiseprofi durchdringt, ist: Benutzen Sie Ihren gesunden Menschenverstand und hören Sie auf Ihre Instinkte! Wenn Sie sich daran halten, brauchen sie keine Angst zu haben. Gute Reise!

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