Olivenöl - jahrtausendealtes Wundermittel

Von Stefan Diaz Sanchez

Seit Jahrtausenden wird Olivenöl in der mediterranen Küche verwendet. Auch bei uns hat es in den letzten Jahren seinen Siegeszug angetreten und wird immer beliebter. Viele deutsche verwenden mittlerweile Olivenöl für ihren Salat und seltener auch zum Braten. Dabei sind sich viele Leute gar nicht bewusst, dass Olivenöl den Speisen nicht nur einen feineren Geschmack verleiht, sondern auch einen positiven Effekt auf die Gesundheit hat. Unbekannt ist auch, dass sich Olivenöl hervorragend kosmetisch verwenden lässt.

Bereits seit 6000 Jahren werden im Mittelmeerraum von Palästina bis Spanien Ölbäume kultiviert. Schon in der Antike war Olivenöl eine der wichtigsten Handelswaren der Region. Altgriechische Quellen belegen, dass in der griechischen Küche alles, von der Süßspeise bis zum Fleisch, mit Olivenöl zubereitet wurde. In Rom war die Produktion nicht ausreichend, so dass Schiffsladungen voll Öl aus entlegenen Provinzen in Nordafrika eingeführt wurden. Im Mittelalter exportierten Händler Olivenöl in geringen Mengen als teures Luxusgut nach Nord- und Mitteleuropa. Der breiten Masse der Bevölkerung nördlich der Alpen wurde es jedoch erst mit dem Aufkommen moderner Transportmittel im 20. Jahrhundert verfügbar. Dennoch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland nur bei einem Fünftel des in mediterranen Gefilden üblichen Wertes. Weltweit werden heute etwa 1,8 Millionen Tonnen Olivenöl pro Jahr hergestellt, knapp die Hälfte davon allein in Spanien.
Dabei ist Olivenöl nicht gleich Olivenöl. Zur Ölgewinnung werden verschiedene Olivensorten verwendet, aus welchen Öle mit jeweils einem anderen Geschmack und Geruch gepresst werden. Dieter Oberg, Leiter des Deutschen Olivenöl-Panels, einer unabhängigen Vereinigung von Olivenöl-Testern, erklärt dazu: "Es gibt ungefähr 150 Olivensorten. Diese entwickeln alle in unterschiedlichen Böden und Klimata unterschiedliche Größen und Strukturen." Ähnlich wie beim Wein haben also Öle verschiedener Anbaugebiete abhängig von den regionalen Bedingungen und der verwendeten Sorte andere Eigenschaften. Der Geschmack der Oliven findet sich immer im Öl wieder.
Dabei ist der Erntezeitpunkt entscheidend. Grün geerntete Oliven schmecken intensiv, später geerntete mild. Das Aroma eines fertigen Öls kennt also viele Varianten: Es kann nach frischem Gras, nach grüner Tomate, aber auch nach reifen Äpfeln schmecken. Durch organoleptische Analysen, also durch Analysen der Geruchsstoffe, kann objektiv bestimmt werden, wie fruchtig, bitter oder scharf ein Öl ist. "Es kommt vor allem auf die Balance an", sagt Oberg, "das wichtigste bei einem guten Olivenöl ist Harmonie".
Doch nicht nur im Geschmack unterscheiden sich die Öle, sondern auch in der Farbe. Die Farbpalette reicht dabei von Goldgelb bis Gelbgrün. Je grüner ein Öl ist, umso mehr Chlorophyll, also Blattgrün, enthält es. Die Farbe und der Chlorophyllgehalt sind aber kein Qualitätskriterium, da der Chlorophyllgehalt von der jeweiligen Olivensorte abhängig ist. "Wir als professionelle Prüfer beachten die Farbe eines Öls nicht, deshalb probieren wir aus dunkelblauen Gläsern", plaudert Oberg aus dem Nähkästchen.

Kaltpressung

Hochwertige, so genannte „Native Olivenöle“ werden in einem Kaltpressverfahren gewonnen. Dazu werden die Oliven möglichst rasch nach der Ernte, ohne lange Lagerzeit, unter hohem Druck ausgepresst, und das gewonnene Öl filtriert. Dabei werden mehrere Pressvorgänge nacheinander durchgeführt, um eine hohe Ölausbeute zu erreichen. Das aus der ersten, schonend durchgeführten Pressung stammende Öl darf das Qualitätsprädikat „Natives Olivenöl Extra“ tragen, auf italienisch auch als „Extra Vergine“ bezeichnet.
Da nach mehreren Kaltpressungen immer noch viel ungelöstes Öl in den Oliven enthalten ist, wird eine Wärmebehandlung oder eine Behandlung mit Lösungsmitteln durchgeführt, um auch dieses Öl zu erhalten. Das bei dieser so genannten Warmpressung gewonnene Öl wurde in der Antike zum Befüllen von Öllampen verwendet. Heute wird dieses Öl raffiniert, um die darin enthalten schädlichen freien Fettsäuren zu binden. Nach der Raffination ist es ebenfalls für den Verzehr geeignet, und wird als geschmacksneutrales „Einfaches Olivenöl“ verkauft.

Um möglichst ausgewogene Olivenöle herzustellen, werden Öle aus verschiedenen Olivensorten und teilweise auch aus unterschiedlichen Anbaugebieten miteinander gemischt. Die Mischung kann entweder bereits vor dem Pressen oder erst nach dem Pressen erfolgen, was vor allem die Produzenten von in großer Menge hergestellter Discountware praktizieren, um einen einheitlichen Markencharakter zu erzielen. Medaillen und Auszeichnungen werden jedoch nur für hochwertige, sortenreine Olivenöle aus einem Anbaugebiet vergeben.
Olivenöl ist jedoch nicht nur kulinarisch von höchstem Wert, sondern wirkt sich auch positiv auf die Gesundheit aus. Bereits seit längerer Zeit ist bekannt, dass in den Mittelmeerländern, in denen Olivenöl traditionell in großen Mengen verwendet wird, weitaus weniger Menschen an Krebs, Herzinfarkt oder Arteriosklerose erkranken. Dass ein Zusammenhang zwischen diesen Krankheiten und der Verwendung von Olivenöl besteht, wurde schon immer vermutet, aber erst in den letzten Jahren wissenschaftlich belegt.
Das Geheimnis des Olivenöls liegt in seiner Zusammensetzung. Der Anteil an ungesättigten Fettsäuren im Olivenöl liegt bei ungefähr 86 Prozent. Vor allem die einfach ungesättigten Fettsäuren, allen voran die Ölsäure, machen das Öl so gesund. Ernährungsfachleute haben jahrelang die mehrfach ungesättigten als die wertvolleren Fettsäuren betrachtet. Jetzt hat sich das Gegenteil herausgestellt. Es gilt mittlerweile als gesichert, dass die Ölsäure besonders unsere Gesundheit schützt. So fördert sie nicht nur Kreislauf und Verdauung, sondern senkt auch den Blutwert des schädlichen LDL-Cholesterins. Der größte Nutzen der Ölsäure ist aber, dass sie die Aktivität krebserregender Onkogene senkt. Dies konnte, obwohl aufgrund der Erfahrungen im Mittelmeerraum bereits vermutet, erst durch ein 2004 an der Universität von Chicago durchgeführtes Experiment bewiesen werden. Forscher brachten hier das in vielen Fällen für Brustkrebs verantwortliche Onkogen „Her-2/neu“ mit Ölsäure im Reagenzglas zusammen und konnten beobachten, wie die Aktivität des Onkogens um 46 Prozent sank.
Eine protektive Wirkung gegen Krebs sagt man auch dem im Olivenöl gelösten Kohlenwasserstoff Squalen nach, welcher auch im Leberöl von Tiefseefischen enthalten ist. Darauf führt man die ebenfalls geringere Rate an Krebserkrankungen in Japan zurück, wo Tiefseefisch das Hauptnahrungsmittel ist.. Squalen hat eine antioxidative Wirkung, das heißt, dass es so genannte „freie Radikale“ bindet und unschädlich macht. „Freie Radikale“ – das sind zerstörerische Atome, die nicht in Molekülen gebunden sind; sie können Körperzellen und Körpereiweiß angreifen. Ebenfalls im Öl enthalten ist Vitamin E, das genau wie das Squalen antioxidativ wirkt.
Ein weiterer wertvoller Bestandteil des Öls ist das erst in diesem Jahr entdeckte Oleocanthal. Dieses hemmt das Körpereigene Enzym Cyclooxygenase (kurz COX), das für die Schmerzausbreitung im Körper verantwortlich ist, und hat somit die gleiche Wirkung wie Ibuprofen oder Aspirin. Seit Jahren ist schon bekannt, dass COX-hemmende Medikamente in geringen Dosen die Durchblutung fördern, Arteriosklerose vorbeugen und Krebs verhindern können. Um mit Olivenöl Kopfschmerzen behandeln zu können, ist die darin enthaltene Menge an Oleocanthal zu gering; um jedoch in den Genuss der prophylaktischen Wirkungen von COX-Hemmern zu kommen, ist sie bei regelmäßigem Verzehr durchaus geeignet. Die verbesserte Durchblutung senkt außerdem das Herzinfarktrisiko. Durch die geringe Konzentration des Oleocanthals im Olivenöl besteht auch keine Gefahr einer Überdosierung.
Weitere Inhaltsstoffe des Öls, wie etwa Sterole, Phenole oder Flavonoide haben ebenfalls einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit. Die Tatsache, dass Oleocanthal erst in diesem Jahr entdeckt wurde, lässt vermuten, dass noch weitere, bislang unbekannte Stoffe im Olivenöl enthalten sind.
Die Mischung all dieser Stoffe scheint einen wirksamen Schutz gegen Krebs und andere Krankheiten zu bewirken. Es wird vermutet, dass die gesunden Inhaltsstoffe sich gegenseitig unterstützen und verstärken, so dass die heilsame Wirkung des Olivenöls mehr als die Summe ihrer Teile ist. Durch den regelmäßigen Gebrauch von Olivenöl in der Küche hat also jeder die Möglichkeit, selbst das eigene Krebsrisiko zu senken und seinen Gesundheitszustand zu verbessern.
Auch für die Hautpflege ist Olivenöl gut geeignet. Seine Fettsäurenzusammensetzung entspricht in etwa der des Unterhautfettgewebes. Das im Olivenöl enthaltene Vitamin E verhilft zu einer elastischeren und geschmeidigeren Haut. Dadurch ist Olivenöl eine chemiefreie Alternative zu vielen Kosmetikprodukten gegen trockene Haut. Man kann es einfach wie eine Körperlotion zum Einreiben des gesamten Körpers verwenden. Der typische Geruch verfliegt nach einigen Minuten. In Italien wird das Öl traditionell zum Einreiben bei einem Muskelkater verwendet.

Olivenöl-Gesichtsmaske

Anstatt viel Geld auszugeben, kann man Kosmetik mit Olivenöl auch ohne Probleme selbst herstellen. Für eine wohltuende und pflegende Gesichtsmaske mit Olivenöl werden fünf Esslöffel Quark, ein bis zwei Esslöffel Olivenöl und ein bis zwei Teelöffel Zitronensaft miteinander vermischt. Das Gemenge wird dünn auf Gesicht und Hals aufgetragen. Nach etwa einer Viertelstunde Einwirken kann alles mit warmem Wasser abgewaschen werden. Man bekommt eine entspanntere und frischere Haut.

Des weiteren kann Olivenöl auch zum Revitalisieren spröder, trockener Haare verwendet werden. Dazu wird das Öl beim Haarewaschen wie eine Spülung in die Haare einmassiert. Die Haare werden in ein Handtuch eingeschlagen und man lässt das Öl mehrere Stunden einwirken, bevor man es ausspült. Mittlerweile stellen auch einige professionelle Kosmetikfirmen Cremes und Salben mit Olivenöl als Bestandteil her.
Leider wurden in letzter Zeit in Tests, vor allem durch die „Stiftung Warentest“, Weichmacher und andere Chemikalien in einigen Olivenölen gefunden. Dabei waren auch teure exklusive Öle und nicht nur billigere Öle von diesen Verunreinigungen betroffen. Da Weichmacher den Hormonhaushalt beeinträchtigen und als krebserregend gelten, was auch durch die positiven Eigenschaften des Olivenöls nicht ausgeglichen werden kann, sollte man sich vor dem Kauf informieren, welche Öle bei den Tests sämtliche Kriterien erfüllten. Aus diesen kann man dann durch Probieren herausfinden, welches einem am besten schmeckt. Zu diesem Zweck ist es am besten, das Öl einmal pur zu kosten. Professionelle Tester würden dies sogar aus einem blauen Cognacglas tun. Aber man kann ja alles übertreiben.

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