Die Manager-Mama - verzweifelt gesucht

Von Alex Baur

Frauen als Chefs? Dass das ein brisantes Thema ist, wird in Deutschland kaum erkannt. Dabei gäbe es Nachholbedarf: Der Anteil von Frauen in Führungspositionen liegt hier deutlich niedriger als in anderen Ländern. Die deutsche Arbeitswelt ist eine Männerwelt - wie lange noch?

"Frauen sind selbst schuld, wenn sie keine Karriere machen." Dieser Meinung ist zumindest Barbara Bierach, Autorin des Buchs "Das dämliche Geschlecht". Frauen müssten bezüglich ihrer beruflichenKarriere mehr Verantwortung übernehmen, fordert sie. Gelingt ihnen der Aufstieg nicht so, wie sie es sich vorstellen, schieben sie den "schwarzen Peter" den Männern zu und nehmen das Argument "Kinder" als Ausrede - meint zumindest Bierach in ihrem Buch.
Wenn sie recht hat, ist das problematisch: Denn dann schwächen Frauen sich selbst, wenn es darum geht, berufliche Ziele zu erreichen. Fest steht jedoch auch, dass auch noch andere Gründe existieren, wenn Frauen auf der Karriereleiter nicht ganz oben ankommen.

Tradition als Hindernis für die Karriere einer Frau

Nach Angaben des Familienministeriums ist Deutschland mit elf Prozent Frauen in Führungsetagen Europa-Schlusslicht. Die Schuld für dieses Problem ist unter anderem in der Tradition zu suchen: Trotz Emanzipation und gesellschaftlichem Wandel kommen deutsche Frauen aus ihrer traditionellen Zuständigkeit für Kinder und Familie nicht heraus.
Der weibliche Lebenslauf verläuft anders als beim Mann: Nach der Geburt eines Kindes folgt im Durchschnitt eine Berufspause von zweieinhalb Jahren - gleichbedeutend mit verpassten Chancen bei der Karriere und bei der Gehaltssteigerung.
Die Politik hat dafür gesorgt, dass Frauen, wenn sie schwanger werden, nicht gekündigt werden können und dass sie auch noch drei Jahre nach der Geburt einen Anspruch auf ihren Arbeitsplatz haben. Sie hat dabei aber das wettbewerbsgesteuerte Verhalten der Unternehmen ignoriert: iese können beispielsweise Managerpositionen nicht drei Jahre lang offen halten für eine Managerin, die ihr Kind erzieht. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen stehen hier gegen die Unternehmensrealität - Frauenkarrieren werden dadurch nicht gefördert, sondern gehemmt.
Für die wirtschaftliche Entwicklung deutscher Unternehmen ist die Tatsache, dass das Potenzial von Managerinnen nicht ausgeschöpft wird, aber wiederum ein Wettbewerbsnachteil.

Rücken freihalten für den "Ernährer Mann"

Trotz eigenem Karrierewunsch halten viele Frauen dem Mann den Rücken frei für die Karriere und stellen die eigene hinten an. Viele berufstätige Mütter hingegen fühlen sich in der Kindererziehung von ihrem Partner alleine gelassen. Die Studie "Väter zwischen Kinder und Familie - die Sicht der Mütter" der IGS Organisationsberatung, dem Managementportal MWonline und dem Softwareunternehmen Staffadvance von Mai bis Juli 2005 unter 377 Müttern hat ergeben, dass knapp 50 Prozent der Frauen sich wünschen, dass sich der Partner stärker in der Familie engagiert und mehr um die Kinder kümmert.
Trotz Emanzipation besteht jedoch auch in modernen Beziehungen nach wie vor die traditionelle Rollenverteilung: Der Mann sorgt für das Einkommen, die Frau kümmert sich um die Kinder. Der Grund dafür ist laut Studie simpel: Viele Frauen sehen im Mann den "Ernährer", der zum Arbeiten existiert und nicht, um sich um die Kinder zu kümmern.

Wenig Erfahrung mit weiblichen Führungskräften

Führungspositionen sind Männersache und deshalb auch heute immer noch ganz auf Männer zugeschnitten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Online-Umfrage der Jobbörse Step Stone unter mehr als 2.100 Menschen in Deutschland und Europa. Selten gelangen Frauen in europäischen Unternehmen in Top-Positionen. Nur 17 Prozent der deutschen Arbeitnehmer haben bislang überhaupt intensive Erfahrungen mit Frauen als Chef gemacht. Deutschland schneidet damit im europäischen Vergleich am schlechtesten ab.
Die große Mehrheit der Befragten aus Deutschland hat keine oder nur wenig Erfahrung mit weiblichen Führungskräften. 54 Prozent gaben an, Management-Positionen seien bis auf wenige Ausnahmen mit Männern besetzt. Nur 17 Prozent sahen eine Frau in einer Top-Position als nichts Ungewöhnliches an. Managerinnen sehen die Gründe darin, dass die Verantwortung für Kinder und Familie die Karriere von Frauen oftmals vorzeitig beendet.
Eine aktuelle Untersuchung vom Lehrstuhl für Personalmanagement und Interkulturelle Führung an der privaten europäischen Wirtschaftshochschule ESCP-EAP in Berlin über Bankerinnen und deren Karrierehindernisse ergab: Es genügt schon, dass jede Frau Mutter werden kann. Anders gesagt: Frauen werden für Führungspositionen seltener vorgeschlagen, weil Vorgesetzte fürchten, die frisch Beförderte könnte bald wieder ausscheiden, weil sie schwanger wird. Die wenigen, die es schaffen, verzichten zumeist auf Kinder: 77 Prozent der Führungsfrauen in Banken sind kinderlos.

Vorteil Mann: Sportlich beim Verhandeln

Der Vorteil der Männer liegt darin, dass sie Kontakte haben und diese auch pflegen. Frauen dagegen verkaufen sich unter Wert. So schneiden Frauen bei einem Gehaltsgespräch schlechter ab als die männlichen Bewerber, weil sie sich schlechter verkaufen. Zumindest sagen das 40 Prozent der Personalleiter bei einer stern-Umfrage zum Thema Gehaltsunterschiede bei Frauen und Männern.
Dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen schlechter abschneiden, hat zwei Gründe: Erstens dominieren Männer die Arbeitswelt und bevorzugen ihresgleichen. Zweitens tragen Frauen durch ihr Verhalten selbst dazu bei, dass sie Nachteile haben. Die amerikanische Wirtschaftsprofessorin Linda Babcock sieht die Ursache in der unterschiedlichen Einstellung von Männer und Frauen - speziell, wenn es um Verhandlungen im Berufsleben und Karriere geht:
Aus Sorge wollen Frauen ihre Beziehungen zum Verhandlungspartner nicht riskieren. Für Männer hingegen sind Verhandlungen wie sportliche Herausforderungen. Diese Unterschiede stellte sie bei ihren Forschungen, in denen sie die Karrieren ihrer Studenten an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh untersuchte, fest.

Nachteil Frau: Beziehungsorientiert, falsch ausgebildet

Der große Nachteil der Frauen besteht darin, dass sie Verhandlungen als etwas Unangenehmes sehen. Männer dagegen empfinden diese als sportlichen Wettkampf, den es zu gewinnen gilt. Fazit: Frauen verhandeln seltener als Männer. Und wenn doch, ist das Ergebnis der Verhandlungen schlechter. Auch das zögerliche Agieren der Frauen ist dabei nicht hilfreich. Sie hoffen, dass ihr Einsatz anerkannt wird, ohne dass sie ständig Belohnungen oder Lob fordern.
Berücksichtigt man den geringen Managerinnen-Anteil in Führungspositionen, ist erkennbar, dass das Problem auch noch auf einem ganz anderen Gebiet liegt. Frauen wählen die falschen Ausbildungen und Berufe. Wie Statistiken immer wieder zeigen, interessieren sich Frauen für die "weichen" Fächer wie Sprachen. Die Chancen, die sich ihnen in (Führungs-)Positionen in Wirtschafts-, Natur- oder Ingenieurwissenschaften bieten würden, lassen sie außer Acht.

Ist Deutschland noch nicht reif für die "Manager-Mama"?

Geht es Frauen also besser, wenn sie alles genau so machen wie ein Mann? Leider auch nicht.
Frauen verdienen in der gleichen Position bis zu 30 Prozent weniger als Männer, wie auch verschiedene Studien des Magazins "stern" ergeben, die auf veröffentlichten Personalmarktdaten basieren. Trotz gleichen Profils schneiden Männer bei Bewerbungen besser ab. Frauen können die gleichen Leistungen bringen und erreichen doch nicht so viel wie die männlichen Kollegen. Der männliche Verdienst ist bei gleicher Ausbildung und Qualifikation 30 bis 60 Prozent höher.
Nichtsdestotrotz sind Frauen nicht zu unterschätzen. Im Gegenteil, Frauen sind vorbereitet: Laut Shell-Studie sind 53 Prozent der Abiturienten Mädchen, 50 Prozent der Studienanfänger und 48 Prozent der Hochschulabsolventen weiblich - mit steigender Tendenz. Und auch der "Reiz des Geldes" ist da: Eigenverantwortung, Durchsetzungskraft, Fleiß und Ehrgeiz sowie Lebensstandard spielen eine genauso große Rolle wie bei Männern, so das Ergebnis der Studie. Allerdings wird das Managerinnen-Potenzial nach wie vor nicht ausgenutzt.
Die Mama von heute kann die Managerin von morgen sein, wenn bestimmte Hürden überwunden werden und die Rahmenbedingungen stimmen. Dann gibt es sie - die Manager-Mama, die Familie und Job erfolgreich managt.

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