Kolumne

Babyboom

von Gesa Graser

Mit 30 macht man sich so seine Gedanken. Die Karriere ist auf gutem Wege, aber wie wäre es mit der Gründung einer Familie? Zumal wenn um Dich herum reihenweise süße Babys geboren werden...

Nun bin ich vor nicht allzu langer Zeit 30 geworden. Mir geht es gut. Die Dinge, die ich mache, mache ich gerne, ein bisschen Freizeit bleibt und in meinem, wie man es so schön sagt, sozialen Umfeld bin ich glücklich.

Aber letzteres scheint sich in letzter Zeit arg zu ändern, und das innerhalb kürzester Zeit. Da wohnt man plötzlich nicht mehr in WGs, sondern mit seinem Freund oder Freundin zusammen. Unlängst fiel das Wort „Lebensgefährte“ – oder man hat gleich geheiratet. Mit kleinem Schrecken musste ich auch feststellen, dass Schwangerschaften wohl höchst ansteckend sind. Innerhalb eines Jahres gab es plötzlich acht Kinder in meinem Bekanntenkreis.

Kleinkind, Foto: V. Henkel
Ich fragte mich des Öfteren, was bei mir schief lief. Ich bin mal wieder Single und an Familie ist gar nicht zu denken. Aber allem Anschein nach, das sagt zumindest der Blick in mein soziales Umfeld, wäre nun die Zeit für Familie. Und nicht nur mein Umfeld hat sich geändert. Früher fand ich die meisten Babys hässlich, aber heute haben alle meine Bekannten wirklich süße Kinder zur Welt gebracht. Hat sich meine Ansicht derart verschoben?

Aber süß hin oder her, es zeigte sich unmittelbar, dass keine der Mütter sich vorher so richtig eingestanden hatte, wie viel Arbeit doch so ein Kind mit sich bringt. Pläne, wie es nach der Geburt sein würde, mussten da gleich über den Haufen geschmissen oder stark modifiziert werden. Da in allen Fällen in meinem Bekanntenkreis die Väter ganztags arbeiten und auch nach wie vor einer Frau das Stillen ja nicht abnehmen können, blieb somit die Rundumbetreuung des Kindes im Wesentlichen bei den Frauen, die damit in Beruf und Freizeit deutlich kürzer traten. Und ich war plötzlich wieder froh, mich der Frage nach Familie nicht stellen zu müssen.

Mittlerweile allerdings scheint in sämtlichen Familien eine gewisse Routine eingetreten zu sein. Die Eltern wechseln sich ab in der Betreuung des Kindes oder eine Kinderfrau wurde eingestellt, und auch frau kann wieder einem Hobby oder gar einem Beruf nachgehen und alle wirken glücklich.

Und so bin ich wieder am Grübeln, ob der Storch auch mal bei mir vorbeikommen wird? Die Zahlen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zeigen für Deutschland, dass ich mir noch keine Sorgen zu machen brauche. Das Durchschnittsalter der Mütter bei der ersten Geburt ging im Verlauf der letzten Jahre auf die 30 zu – da werde ich dann eben zu denen gehören, die den Schnitt nach oben ziehen; außerdem bekommt im Schnitt jede Frau auch nur noch weniger als zwei Kinder – mehr als zwei werde ich sicher nicht mehr bekommen. Auch da fiele ich also nicht aus dem Rahmen.

Was eine Hochzeit anbelangt, brächte ich die Statistik ebenfalls noch nicht sonderlich aus dem Gleichgewicht. Es wird eh immer weniger geheiratet und das Alter bei der Erstheirat stieg die letzten Jahre drastisch an. Erfreulich ist zu sehen, dass bei einer Hochzeit, statistisch gesehen, die Aussicht auf Kinder steigt: Es gibt deutlich mehr Ehepaare mit Kindern als ohne.

Heißt das also, dass man möglichst bald heiraten sollte, wenn man ein Kind will? Aber ist es nicht eh heutzutage eine Grundsatzdiskussion, ob man überhaupt heiraten soll? Bislang habe ich aus meinem Bekanntenkreis noch keine Scheidungen zu vermelden – das stimmt positiv. Allerdings zeigt der Blick in die Unterlagen vom Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, dass das höchste Scheidungsrisiko zwischen 5 und 9 Jahren Ehedauer liegt und das haben meine Bekannten noch gar nicht erreicht. Da braucht es noch ein bisschen Zeit.

Ich werde also vorerst weiter beobachten, wie sich mein Bekanntenkreis entwickelt und mich an ihren Kindern erfreuen. Da kann ich mich dann zurückziehen, wenn mir die schreienden Kleinen zuviel werden, kann sie bei ihren Eltern lassen und wieder in Ruhe meinen Hobbies nachgehen. Aber ist es das, was ich auf Dauer will? Pfeil

Lesen Sie weiter: Rezension Familie im Wandel

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Stand: November 2008 - webdesign: Graser & Peter